Alle Artikel in der Kategorie “Ganz nah dran

Business-Portrait Schwarz-Weiß: Physio-Therapeut mit Skelett
Kommentare 0

Business-Portrait – außergewöhnlich zieht immer

Skurrile Typen oder skurrile Settings verlangen mitunter ungewöhnliche Techniken – für Business-Portraits bietet youtube massenhaft Tipps, hauptsächlich für die korrekte Beleuchtung beziehungsweise das effektive Arbeiten. Für einen Physio-Therapeuten verzichtete ich auf alle Regeln der korrekten Ausleuchtung und stellte das Licht seitlich des Portraitierten. Da sein Praxis-Skelett ein wenig näher als er vor der Kamera stand, reflektierte sogar der blendend weiße Schädel, so dass ich verhindern konnte, dass das Gesicht absäuft. Ohne Totenschädel wäre die Aufnahme so aber misslungen. Streiflicht ohne zusätzliche Aufhellung ist für Business-Geschichten meist zu hart und kann schnell düster und unnahbar wirken

Die Konturen des Schädels tun ihr Übriges, um die Skurrilität des Settings zu bestimmen, da der Portraitierte eher weiche Züge zeigt. Auch das kontrastiert sehr gut. Zum Portrait-Termin war das Skelett auch eher zufällig vor Ort. In der Postproduktion habe ich von links unten extra noch einen kleinen schwarzen Verlauf ins Bild gezogen, um dem Skelett zusätzlichen Wumms zu geben.

Das extreme Close-Up ist sicherlich Geschmackssache und vor allem eine Frage des individuellen Stils. Auch der Kunde muss natürlich einverstanden sein; aber bei einem Physio-Therapeuten ist Nähe quasi Programm, insofern kann das Close-Up hier eine hilfreiche Technik darstellen, um eine Brücke zwischen dem portraitierten Kunden und wiederum seinen Kunden zu bauen. Das vermeintlicbe Grinsen des Skeletts prägt hier zusätzlich den Bildeindruck und lässt wiederum Rückschlüsse auf den Humor des Physio-Therapeuten zu. Letztendlich ist die Distanz zum Abgebildeten aber immer individuell zu handhaben. Grundsätzlich sorgt das Außergewöhnliche aber immer für einen Aha-Effekt.

Wer eine berufsspezifische Aufnahme zu machen hat, sollte sich am besten im Vorhinein ziemlich genau überlegen, was das Bild bereichern könnte. Eine Art Drehbuch mit zwei bis drei Möglichkeiten sollte der Photograph zum Termin mitbringen. Wer sich auf die Kreativität des Kunden verlässt, oder darauf, dass der Kunde konkrete Vorstellung hat, kann manchmal ganz schön dumm dastehen. Das wiederum kann beim Kunden schnell Zweifel in die eigene Professionalität schüren. Einfach mal schauen, was andere Photographen so publizieren und sich überlegen, was zum eigenen Kunden passt. Und keine Angst, in den Verdacht des Abkupferns zu kommen. Niemand wird das Rad neu erfinden, und jeder Kunde ist anders, so dass jedes Bild auch wieder individuell aussieht.

Variationen von Lichtreflexen auf den Augen
Kommentare 0

Stilfrage: Reflexe in den Augen

Lernen heißt, richtig von falsch unterscheiden zu können. Ausgelernt habt Ihr, wenn ihr für Eure Arbeiten richtig und falsch selbst definiert, dann habt Ihr Euren Stil gefunden. Stil, zumal wenn er unverwechselbar oder einzigartig ist, stellt in künstlerischen Arbeiten das maßgebliche Kriterium dar. Eingeschränkt wird das etwas durch die Notwendigkeit Geld zu verdienen: In ökonomischer Hinsicht braucht Ihr Kunden, die Eurem Stil folgen. Andersherum: Wenn Euer Stil einschlägt, habt Ihr gewonnen. Also, traut Euch was.

Stephan Wiener bietet auf youtube eine ganze Menge wertvolles Wissen zur Photographie. Eine seiner Herangehensweisen ist für mich aber ein No-Go: doppelte Reflexe in den Augen. Er sagt, das sei seine Handschrift. Das ist okay, wie ihr auf dem Beispielbild oben seht, habe ich das  auch mal gemacht. Das war aber zum Anfang meiner Studio-Arbeit, und ich wusste es nicht besser.

Mittlerweile halte ich das persönlich für einen krassen Fehler, aber auch ich habe eine Marotte, die Stephan Wiesner wiederum absolut ablehnen würde. Ich habe inzwischen immer wieder festgestellt, dass mit einer künstlichen Quelle, so klein die auch sein mag, genügend Licht vorhanden ist, um ein Gesicht entweder charaktervoll oder weich zu modellieren. Insofern ist eine zweite Lichtquelle, also ein weiterer Reflex in den Augen absolut unnötig. Ich halte das sogar für einen handwerklichen Fehler. Meiner Ansicht nach widerspricht das nämlich den natürlichen Gegebenheiten. Unsere klassische Beleuchtung ist die Sonne, die grundsätzlich von schräg oben kommt. Wenn wir an einem Sonnentag einem Menschen ins Gesicht schauen, spiegelt sich dort immer der Himmel. Oder in einem Raum die Beleuchtung, die an der Decke hängt. Deswegen sollte sich das auch in der Photographie wiederfinden, meine ich.

Aber zurück zu meinem handwerklichen Fehler. Wie die meisten modernen Photographen photographiere ich Portraits fast ausschließlich mit offener Blende, also in der Regel mit maximal F2. Wenn sich also das Modell, wie das eigentlich sei sollte, leicht schräg zur Aufnahme-Achse positioniert, liegt ein Auge außerhalb der Schärfentiefe-Ebene. Das heißt: entweder abblenden oder ein unscharfes Auge in Kauf nehmen. Genau das mache ich.

Auch das begründet sich meiner Ansicht nach mit den menschlichen Sehgewohnheiten: Wenn wir einen Menschen anschauen, sehen wir selbstverständlich das gesamte Gesicht. Aber habt Ihr schon mal festgestellt, dass Ihr einem Menschen, der sehr dicht vor Euch steht, entweder fokussiert auf den Mund schauen könnt oder in die Augen?! Und wenn Ihr dem Menschen in die Augen schaut, dann auch eher in eines anstatt exakt fokussiert in beide, oder? Deshalb halte ich eine leichte Unschärfe des zweiten Auges für absolut akzeptabel. Und, im Rahmen, sogar für empfehlenswert.

Allerdings ist dabei folgendes zu beachten: Das scharfe Auge sollte das vordere sein, auf das ich in der realen Situation auch schauen würde. Darüber hinaus sollte das scharfe Auge auch hell genug sein. Der Mensch schaut immer ins Licht, insofern würde der Blick auf das unscharfe Auge gezogen werden, würde das sehr viel heller sein, als das scharfe.

Im Grunde fällt das aber bei einem geringen Abbildungsmaßstab auch gar nicht großartig auf. Probiert also einfach mal aus, was Euch letztendlich besser gefällt.

Kommentare 0

Schwarz-Weiß-Click

Je einfacher die Photographie, desto eindringlicher die Bilder. Nach meinem Geschmack reicht für ausdrucksstarke Portraits meistens das natürliche Umgebungslicht. Hier ergibt sich der rauhe Charme des Bildes durch den Drei-Tage-Bart, der den unteren Teil des Gesichts mit einem natürlichen Schatten versieht. Das Bild ist sogar mit offener Blende gegen das Licht photographiert. Da im hinteren Teil ohnehin nur Wasser und Himmel zu sehen wären, ist der Hintergrund für die Bildgestaltung also ohnehin vernachlässigbar. Analog photographiert mit einem 100er-Kodak-Film und einer Nikon F2; ganz unprätentiös, aus dem Gespräch heraus.

Der Bildschnitt kommt so original aus der Kamera. An Nachbearbeitung habe ich nur die Augen leicht abgewedelt.  Wahrscheinlich hätte das Motiv in Farbe nicht so gut funktioniert.