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Wie ein PHoto aus den 60er-Jahre: Ein Schwarz-weiß-Portrait mit künstlich erzeugtem analogen Look.
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Korn hat immer Konjunktur

Das Korn oder die „Körnung“ hat nach wie vor Chic. Diese leichte Schraffur auf einem Bild, wie mit einem Bleistift gestrichelt, war in der analogen Zeit mehr oder weniger alltäglich, je nach der Höhe der Empfindlichkeit, Einsatzzweck oder Güte der Filme; die Silber-Kristalle zeichneten sich auf dem Photo ab und beeinflussten die Schärfe.

Digitale Schärfe ist anders, knackiger; je nach Manipulation zum Teil auch messerscharf. Jede Kamera überbot sich vor kurzem noch mit neuen, besseren Werten. Das Thema kommt aber langsam wieder aus der Mode, denn die Präsentationsflächen werden kleiner. Kleine Quadrate im Netz verzeihen viel, ohnehin drucken die wenigsten Amateur-Photographen im großen Format oder gar Plakate. Schärfe ist ohnehin relativ: Je stärker ein groß vergrößertes Photo rauscht, desto größer ist meist auch der Betrachtungsabstand, so dass das einzelne Pixel wieder im Gesamten verschwindet. Für ein aktuelles Portrait habe ich das Rauschen aber wieder hervorgekitzelt.

Die Szene am Eingang eines Fahrradtunnels erinnerte mit an London in den 60er-Jahren und den Kopf des Kunden hätte ich mir gut auf einem Platten-Cover vorstellen können – Schallplatte, versteht sich. Ich hatte da so Gerry and the Pacemakers im Ohr mit „You’ll never walk alone“. Oder die Richtung. Jedenfalls drängte sich schon beim Blick durch den Sucher ein Retro-Look auf. Und der ist ganz einfach.

Das Bild hat erst die grundlegende Lightroom-Bearbeitung genossen, mit einer etwas steileren Gradation sowie einer leichten Vignette, um das Bild zu den Ecken hin abzudunkeln. Als Lichtquelle diente Tageslicht, sowie ein leichter Aufheller durch einen entfesselten Systemblitz ohne jeglichen Aufsatz – mich interessierten lediglich ein Licht im Auge und etwas mehr Plastizität durch dunklere Schatten.

Dann folgte die Umwandlung in ein schwarz-weißes Bild. In Photoshop kam dann lediglich das Gegenteil des Schärfens dazu: der Filter „Rauschen hinzufügen“ unter „Rauschfilter“. Angewendet habe ich nur eine leichte Stärke – reicht auch, damit ist der analoge Look perfekt simuliert.

Sieht im Ganzen aus, als würde das Bild schon seit Ewigkeiten im Photoalbum schlummern – so als würde das Bild ein Jugendphoto zeigen. Auf der anderen Seite ist das Bild auch zeitlos. Ist halt ein aktuelles Bild – passt trotz allem Retro-Charme in die Zeit. Ist zeitlos. Anders als jede andere Aufnahme, die einer Mode-Retusche unterworfen war. Korn hat immer Konjunktur.

Schwarz-weißes Wahlplakat von André Trepoll in Hamburg
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Politiker Trepoll bescheiden in schwarz-weiß

Da sind wir alle gleich: Unsere Augen kleben an Kontrasten – am Saum von Licht und Schatten, am Schnitt zwischen hell und dunkel. Das hat die Evolution so gewollt. Räumliches Sehen wird durch Unterschiede von Schwarz und Weiß erst möglich. Grautöne, beziehungsweise ähnliche Farben, erschweren die Orientierung. Insofern wird die Schwarz-Weiß-Photographie immer Konjunktur haben. Sie schärft unser Sehen auch in der Moderne.

Selbstverständlich wirkt sie arg old-fashioned. Im August 1967 wurde Fernsehen farbig, Gedrucktes in Farbe ist heute nur minimal teurer als Druck ausschließlich mit Schwarz. Die Welt ist fast nur noch in üppig bunt vorstellbar. Um so Aufsehen erregender der Verzicht. Wer in der Photographie ohne Farbe auskommt, reißt ein Loch in die Gegenwart – huuups, da fehlt plötzlich etwas auf dem Photo; beziehungsweise sticht ein schwarz-weißes Photo in einer Umgebung von farbigen sofort heraus.

Denn dieses Fehlen lenkt die Konzentration auf das, was noch da ist: der Inhalt des Photos. Mit einer ganz reduzierten Kampagne ging im vergangenen Jahr der Hamburger CDU-Fraktionsvorsitzende André Trepoll an die Öffentlichkeit. Portraitphoto, leicht close-up, direkter Blick, schwarz-weiße Farbgebung. Weniger geht nicht. Angenehm wenig im visuellen Trommeln der Hamburger Innenstadt. Trepoll hat in diesem März 2019 seinen Verzicht auf den Angriff auf den Posten des Bürgermeisters erklärt. Die Plakatierung jedenfalls war einzigartig und passte sehr gut zu Hamburg.

Die farbliche Zurückhaltung sah edel aus, die Photographie mit „available light“ wirkte authentisch, wenig gekünstelt, „geknipst“ im besten Sinne des Wortes, unaufgeregt, leise und bescheiden; ein Charakterzug, der einem Politiker gut ansteht. Schnörkellosigkeit wirkt Vertrauen erweckend, nah am Betrachter. Für bescheidene Eleganz ist Schwarz-Weiß ideal. Schwarz-Weiße Photographie plaudert nie, sie erzählt auf den Punkt. Und hat meist auch etwas zu sagen, denn wer als Photograph oder Photographierter die Farbe eliminiert, erklärt, dass er keinen Firlefanz braucht, um Interesse zu wecken; die Abbildung ist ausdrucksstark genug.

Photographiert hat die Bilder der hessische Photograph Tobias Koch, der auf das Thema Politik spezialisiert ist. Die Trepoll-Kampagne knallt aus seinem durchweg farbigen Portfolio heraus. Die meisten Bilder in der Politik sind bunt und die Inhalte der Botschaften wischiwaschi. Schwarz-weiße Portraits mit knackigem Kontrast verlocken dagegen überwiegend zu einem zweiten Blick; einem tiefer gehenden, der sich mit dem Sujet beschäftigt, mit dem, was das Bild erzählt. Hinter ganz, ganz vielen schwarz-weißen Bildern steckt eine spannende Geschichte. So viel ist klar.

Gegenlicht-Aufnahme mit einem Normalreflektor für ein Studio-Portrait
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Gegenlicht – die Spannung aus dem Streulicht

Studio-Aufnahmen sind ja immer so eine Sache. Egal, wie spannend der Hintergrund auch sein mag, er ist meist langweiliger als eine Outdoor-Aufnahme. Der monochrome Hintergrund verlangt dem Modell immer viel Ausdruck ab. Oft fehlt ein überraschendes Moment. Gegenlicht kann da helfen.

Gegenlicht aus einer gerichteten Quelle wie einem engen Normalreflektor wirft Streulicht in einem erträglichen Maß ins Objektiv und erhöht in jedem Fall den Kontrast im Bild. Durch den hellen Lichtreflex mit breitem Streukreis ergeben sich auch lichtabgewandte Stellen im Bild, Lichtsäume und insofern eine Spannung. Vor allem kann der Streukreis bei Farbaufnahmen die Farben verfälschen und erinnert uns also daran, wie es sich anfühlt, im Sommer gegen die Sonne zu schauen. Je weniger vergütet das Objektiv, desto stärker auch die »Flares«, also die Blendenflecken, die einen zusätzlichen Effekt darstellen.

Ist immer ein spannendes Erlebnis, was sich aus dem dunstigen Licht herausschält und von daher ein probates Mittel, um auch eine Studio-Aufnahme aufzupeppen. Dieses Stilmittel sollte aber in Maßen eingesetzt werden, sonst nutzt sich das ab.

Portrait Sommersprossen mit hartem Licht
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Sommersprossen: Punkt für Punkt einzigartig

Sommersprossen im Portrait mit weichem Licht.Kaum ein sommersprossiger Mensch, der sich über seine Individualität so richtig freut. Ganz im Gegensatz zu mir. Ich steh total auf Sommersprossen; weil sie diese Menschen eben zu etwas Außergewöhnlichem machen. Die Haut ist der Nerzmantel eines Menschen, und alles mittels Make-Up oder Photoshop glattzubügeln, ist ein stilistisches Schwerverbrechen. Sommersprossen machen jeden Menschen zu einer absoluten Einzigartigkeit. Und die verdient es, so offensiv wie möglich festgehalten zu werden.

Sommersprossen knallen aus dem Bild heraus, wenn der Rot-Anteil im Bild erhöht wird. In der analogen Zeit ging das über einen Grün-Filter, der die Komplementärfarben des Rots zurücknahm. Digital geht das komfortabler durch Überhöhung der Rot-Anteile und Betonung der Kontraste.

Zwei Arten von Beleuchtungen sind möglich. Hart oder weich. Beide Beleuchtungsarten bringen Sommersprossen nach vorn. Grundsätzlich wird der Eindruck des Bildes vom Hintergrund bestimmt: Vor einem hellen beziehungsweise weißen Hintergrund sieht Haut immer etwas dunkler aus, damit natürlich auch alle Merkmale der Haut. Hier wäre eine übertriebene Betonung der Sommersprossen kontraproduktiv; zumal das weiche Bild mit einer Softbox aufgenommen wurde.

Anders mit einem dunklen bis schwarzen Ambiente. Mit hartem Licht, beispielsweise einem normalen Reflektor inklusive Wabe sehen die Schatten tiefschwarz aus, und insofern müssen auch die Sommersprossen herausstechen. Die Haut wird dann zu einem Pergament – Punkt für Punkt Unverwechselbarkeit. So etwas hat lange nicht jeder.

Portrait mit Stuhl
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Portrait: Sitz mal anders

Portrait mit StuhlDie Wirkung von Portraits hängt immer davon ab, wie sehr sich der Portraitierte einlässt, wie sehr sie oder er mit der Kamera flirten. Oft sehen Portraits einfach steif aus, weil sich die Menschen vor der Kamera unwohl fühlen. Oder sie glauben, der Photograph habe eine bestimmte Erwartung an sie. Insofern wird eine Aufnahme manch-mal schwierig, wenn das Modell einfach nur so dasteht. Ungemein entspannt könnte die Aufnahme-Situation werden, wenn dem Modell ein „Accessoire“ zur Seite gestellt wird. Ein Stuhl wird da mitunter wahre Wunder wirken. Oder eine Sitzgelegenheit allgemein. Eine Kiste tut’s da auch sehr gut.

Sitzen kann allerdings auch ein fürchterlich langweiliges Bild ergeben. Insofern ist auch hier eine Alternative wünschenswert beziehungsweise dringend geboten. Mein Modell Kristin hat einfach mil dem Stuhl beziehungsweise mit dem Barhocker gespielt und ihn so ganz spannend ins Portrait mit einbezogen.

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Blende auf und drauf

In so ziemlich jedem Tutorial wird erzählt, wie Du blitzen solltest. In jedem guten Photo-Buch siehst Du eine Menge überzeugender Beispiele dafür, dass Du besser die Finger vom Blitz lässt. Schau mal nach Barbara Klemm, die lange für die Frankfurter Allgemeine Zeitung photographiert hat oder nach Herlinde Koelbl – beide haben eindrucksvoll photographiert ohne viel Equipment. Und Du sparst Dir die ganze Schlepperei. Ganz im Ernst: Ein gutes Objektiv mit einer offenen Blende mit mindestens 2.0 eröffnet genügend Möglichkeiten für überzeugende Portraits. Der Hintergrund verschwimmt, und die Silhouette zeichnet sich gut ab – wer mit offener Blende ein close-up knipst, bekommt im Gesicht eine schöne schmale Schärfentiefe, die den Blick in das photographierte Gesicht hineinzieht.

Und in ein offenblendiges Objektiv passt ganz viel Sonnenlicht – gerade für Frauen-Gesichter wirkt das normale Tageslicht äußerst dazu schmeichelhaft.

Die entscheidende Fragen für ein fesselndes Photo ohne Brimborium sind: Wann photographiere ich, wie drehe ich mein Model zum Licht. Starkes Sonnenlicht gibt manchmal fiese Nasenschatten oder halb abgesoffene Gesichter. Kann eine Bildidee transportieren, kann aber auch einfach verguckt aussehen. Zu flaues Licht könnte das Bild etwas beliebig werden lassen. Dennoch lässt sich weiches Licht leicht etwas härter machen und ist damit nie die schlechteste Wahl. Hab Mut zum Draufhalten auch an diesigen Tagen!

Eine korrekte Belichtung verträgt sehr gut die Anhebung des Kontrasts um einige Stufen. Das Portrait habe ich mit einem Kleinbildfilm photographiert, der Kodak Tri-X liefert ohnehin eine überzeugende Grauwert-Abstufung mit einer charmanten Körnigkeit und entsprechendem Retro-Charakter. Neben der Anhebung des Kontrasts brauchst Du nur noch ein liebevolles Händchen in der Nachbearbeitung: die Lichter also etwas abwedeln, die Tiefen ruhig kräftig nachbelichten.

Bei kontrastarmen Lichtsituationen lohnt sich aber auf jeden Fall, in Schwarz-Weiß zu photographieren. Flaches Licht liefert flaue Farben, die dann auch auf das Motiv wirken. Dagegen wirkt ein Bild in Graustufen auf alle Fälle lebendiger.

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Rot in Schwarz-weiß und voll auf’s Auge

Rothaarige beziehungsweise Sommersprossige machen in Schwarz-Weiß ein blendende Figur. Vielleicht sogar eine bessere als in Farbe. Weil nicht die rote Farbe das Auge stimuliert, sondern die ungewöhnliche Hautstruktur dem Portrait das außergewöhnliche Flair verleiht. Wer einigermaßen oldschool photographieren möchte und noch eine analoge Kamera besitzt, nimmt einen Schwarz-Weiß-Film und schraubt einen Grünfilter vor die Optik. Aufgrund der komplementären Wirkung werden Rot-Töne sehr deutlich abgedunkelt. Eine leichte Gradationsanhebung in der Retusche verstärkt diesen Eindruck noch und hebt sie gegenüber der hellen Haut hervor. Die eindrucksvolle Bildwirkung entsteht dann durch den Kontrast.

Hier noch ein Stilmittel, zu dem jeder seine eigene Meinung pflegen soll. In vielen Tutorials wird ausdrücklich davon abgeraten, in Portraits den Fokus nur auf ein Auge zu beschränken. Auf der einen Seite wird oft empfohlen, die Blende für Portraits zu öffnen. Bilder wirken oft flau, wenn sie von der Nasenspitze bis zum letzten abstehenden Haar am Hinterkopf scharf sind. Die Erklärung ist einfach: Das menschliche Sichtfeld ist grundsätzlich auch begrenzt und fokussiert auf einen bestimmten Punkt. Menschen nehmen das Umfeld daneben und dahinter zwar ebenfalls wahr, aber eben nur unscharf. Einfach mal aufpassen: Wenn Du Deinem Gegenüber beim Sprechen zusiehst, schaust Du entweder direkt in seine Augen oder auf seinen Mund. Beides zugleich zu fokussieren, ist unmöglich. Andererseits schlagen viele Photographen die Hände über dem Kopf zusammen, wenn wegen der geringen Tiefenschärfe durch die offene Blende ein Auge aus der Schärfenachse gerät und eben klar unscharf ist.

Ich sehe das anders. Eben weil der menschliche Fokus begrenzt ist. Augen sind neben dem Mund das eindringlichste Merkmal eines Menschen ist. Ein Auge in den Vordergrund zu rücken, beziehungsweise ihm die Bühne zu bereiten für einen Betrachter, multipliziert die Attraktivität dieses Merkmals ins Unermessliche. Was also kann an diesem Stilmittel falsch sein. Müsst Ihr aber für Euch selbst entscheiden. Photographie hat Platz für viele Stile.