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Regine Teschke beim Sprungwurf im Handball
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Geschichten von Blut, Schweiß und Tränen

Photographien im Sport erzählen in vielen Variationen prinzipiell immer die gleiche Geschichte: die von Blut, Schweiß und Tränen. Wobei Tränen von Zweierlei berichten können, von Freude oder Leid. Zusammengehalten werden die Geschichten meist von Bewegung. Sportphotos sind in der Regel von Dynamik geprägt; vom Augenblick, in dem Durchsetzungswillen auf Durchsetzungswillen trifft.

Eins gegen Eins ist oft das beliebteste Sujet in Sportphotos. Handball ist eine der dankbarsten Sportarten für dynamische Photos, weil am Kreis immer geackert wird. Wer das Glück hat, nahe der Seitenlinien photographieren zu können und sich das traut, hat fast schon Hautkontakt zum Geschehen. Daraus lassen sich ungemein dynamische Photos extrahieren. Blitz friert den Zweikampf dann ein und brennt ihn im Auge fest. Obwohl ich kein Freund der Schwarz-Weiß-Photographie bin, ist Farbe manchmal förderlich.

Farbe ist im Sport ein zusätzlicher Reiz. Hier haben wir eine Flugphase und die Farbe Gelb. Gelb kann mitunter angriffslustig aussehen und verstärkt den aggressiven Charakter dieser Szene, die an einen Sturzflug erinnert. Wir müssen aufpassen, dass die Spielerin nicht aus dem Bild hinausspringt. Auch hier haben wir den Eindruck, ganz dicht dran zu sein, vielleicht sogar mitzuspielen. Wer noch dazu offenblendig photographiert, löst die eigentlich Szene ein wenig vom Hintergrund und rückt den Betrachter somit noch enger an den Zweikampf heran.

Sportphotographie bedient immer die Sehnsucht nach dem Erleben von Grenzerfahrungen. Das Gefühl, dicht dran zu sein, ist die Essenz guter Sportphotographie. Entweder durch längere Belichtungszeiten und den Charakter fließender Bewegungen oder durch kurze Belichtungszeiten und das Destilieren des besonderen Augenblicks aus einer gesamten Geschichte, einem Spiel. Wer beispielsweise den Schuss zum entscheidenden Tor einfängt, hat die Quintessenz eines knappen Spiels erfasst. Das gilt gleichermaßen für den Knock-Out in einem Boxkampf oder den entscheidenden Wurf beziehungsweise Sprung zur Medaille in der Leichtatlethik. Aber egal, ob das Bild von Leistung oder von Niederlage erzählt, immer ist das die Geschichte von Blut, Schweiß und Tränen.

Torhüterin Christine Lindemann
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Sekundenbruchteile bis zum Schmerz

Die hochgereckte Faust kann vieles bedeuten – Bedrohung oder Erlösung. Beispielsweise nach einem Sieg. Die in die Luft gestreckte Faust ist eine der meistphotographierten Gesten im Sport. Eine Ikone – die Visualisierung eines bestimmten Gefühls. Solche Ikonen helfen uns, Sachverhalte zu verstehen. Die Siegerfaust braucht keine weitere Erklärung. Der hängende Kopf eines Sportlers auch nicht, genauso wenig wie seine gefletschten Zähne oder ein verschwitztes Gesicht.

Ein Bild, das ohne Worte auskommt ist zweifelsfrei ein gutes Bild. Ein Bild, das eine Geschichte erzählt, ein Bild, das über sich hinauswächst. Im Sport sind solche Bilder leicht zu machen, beispielsweise von einem Torhüter. Torhüter sind Einzelkämpfer, die Welt besteht allein aus ihnen und dem Ball – alles Weitere ist weit weg und nebensächlich. Jeder Sport hat dabei seine eigenen Bewegungsabläufe. Handball bietet dabei ein wenig von Ballett, von Tanz. Bilder von Torhütern sind immer reduziert: auf Augen, Hände und – im Handball – auf die Beine. Eigentlich auf alles zu gleichen Teilen.

Das Bild von Christine Lindemann, ehemalige deutsche Nummer-Eins-Torhüterin, bietet einige Aspekte ikonographischer Photographie: das Reduzierte durch die Schwarz-Weiß-Photographie, das Herausgelöste aus dem Kontext des Spiels und damit gleichsam die Einsamkeit, die letzte Barriere vor dem Tor zu sein. In diesem Fall, mit den erhobenen Armen und dem stehenden Bein – vor allem mit dem Blick, der starr geradeaus ins Leere gerichtet ist, hat das Bild noch eine religiöse Konnotation: Die Haltung erinnert an eine Opferhaltung. In der Tat stellt sich ein Torhüter dann in den Weg, wenn sonst keiner mehr helfen kann. Ebenfalls eine ikonische Geste.

Der Ball kommt hier mit Karacho angeflogen – er wird schmerzen, wenn er auf den Körper trifft. Hier unterstreicht der Blitz sogar noch die Geschwindigkeit. Da er nur noch Sekundenbruchteile vom Aufprall entfernt ist, können wir den Schmerz vorausahnen, wir leiden selbst schon vorab. Dabei haben wir sogar die Chance, die Geschichte dieses Bildes selbst zuende zu denken. Wir können uns schon mit dem Gedanken befassen, wie das Gesicht der Torhüterin aussehen wird: von Schmerzen verzerrt. Das wäre also wieder eine ikonische Photographie im Sport. Die würde allerdings wiederum eine ganz andere Geschichte erzählen.

Baseball. Pitcher in Bewegung.
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Sportrait: Mehrfach-Belichtung bringt Bewegung

Früher war alles besser. Na, ja, zumindest anders. Aus der analogen Zeit stammt ein Schätzchen meiner Sportphoto-Phase: der Pitcher. Das ist im Baseball der Typ, der auf einem kleinen Hügel steht und den Gegenspielern den Ball um die Ohren pfeffert. Ich wollte damals eine Funktion ausprobieren, mit der die Nikon F3 glänzte, und der, ganz ehrlich, selten bis nie von Photographen benutzt wurde.

Das war der kleine Hebel zur Mehrfachbelichtung. Auch ich bin auf den eigentlich nur deshalb gestoßen, weil ich in einem antiquierten Lehrbuch ein Bild mit dieser Technik gesehen hatte. Der umgelegte und eingerastete Hebel schaltete den Transport des Filmes aus, spannte aber den Auslöser immer wieder, so dass die Kamera weiterhin Bild für Bild belichten konnte. Mit jeder Auslösung wurde also immer wieder das gleiche Negativ belichtet, solange der Mehrfachbelichtungs-Hebel wieder in seine Nullstellung geschoben wurde.

So etwas vermisse ich tatsächlich, obwohl diese Funktion leider nur alle Jubeljahre mal zu gebrauchen ist. War früher so, ist heute ähnlich.

Ali Daute, Kickboxer, posiert mit Taube
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Sport-Portrait: der Tauben-Schlag

Kick-Boxer Ali posiert mit Taube. Boxer sind faszinierende Sportler, für meinen Geschmack jedenfalls. Sie trauen sich einfach was, strahlen etwas Archaisches aus, vielleicht etwas Ur-Männliches, Dynamisches, Kantiges, etwas Herausstechendes. Wie bekomme ich so etwas ins Bild? Kontraste sind ja das Allheilmittel, um einen Eindruck zu verstärken. Kontraste lassen Charakteristika erst richtig zur Geltung kommen. Hatte ich mir zumindest so gedacht und mir für einen Kickboxer ein Setting überlegt, das eine witzige Anekdote nach sich ziehen sollte.

Ich wollte vor langer Zeit einen Kickboxer portraitieren und überlegte mir, ihm als Kontrast eine „Friedenstaube“ auf den Handschuh zu setzen. Einen Boxer allein in der typischen Pose abzulichten oder seine Muskeln mit Licht herauszuarbeiten, erschien mir zu alltäglich. Mein Modell fand die Idee auch ganz cool und sagte zu. Gesagt, getan, woher sollte ich aber eine weiße Taube bekommen? Einige Züchter lassen ja auf Hochzeiten welche fliegen, aber damit war mir wenig gedient. Sie sollte sitzen bleiben und auch keinen Schreck vom Blitzlicht oder vielleicht einen Herzinfarkt bekommen. Ich kassierte zunächst einige Absagen. Dann biss aber doch einer an, obwohl er mir gleich riet, mir wenig Hoffnung zu machen, dass mein Vorhaben klappt.

Für einen schlanken Kurs rückte er mit zwei weißen Tauben im Studio an. Schon die erste war ein Volltreffer und strafte die gesamte Züchterschaft Lügen: Na, klar, nachdem sie aus dem Korb war, drehte sie im Studio zwei Runden, um die Gegend abzuchecken. Aber dann, oh, Wunder, blieb sie einigermaßen geduldig auf Handschuh und Schulter meines Models sitzen. Selbst das wiederholte Blitzen ignorierte sie komplett. Im Gegenteil schien sie das ganze Procedere sogar zu interessieren.

Hinterher erzählte mir dann der Züchter, warum er mir überhaupt behilflich war – in einem leicht angesäuerten Ton. Er erzählte, einige Zeit vor meinem Anruf hätte sich der Playboy bei ihm gemeldet mit einer ähnlichen Anfrage: Die wollten Tauben für eine Photo-Produktion und hätten richtig fettes Geld gegeben. Da hatte sich mein Züchter nicht getraut – von wegen, die bleiben nicht sitzen, und so. Mit mir zusammen hatte er sich eines Besseren belehren lassen können und betrauerte ein wenig, dass ihm einige Scheinchen durch die Lappen gegangen waren. Also gilt auch hier, was ich immer und immer wiederhole: Unternehmen ist meist besser als unterlassen. Lieber versuchen und scheitern als verzichten und bedauern. Traut Euch was!