Junge Frau mit blonden Haaren liegt im grünen Gras.
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Tollstes Model ever: Freund(in) fotografieren

Fotografie funktioniert häufig so: Mann fotografiert Frau.

Meist eine X-Beliebige. Ein gebuchtes Model. Die bringt dann ein paar vorgestanzte Posen mit. Hat jeder schon gesehen. Die Foto-Foren im Netz sind quellen davon über. Die Bilder sind selten persönlich. Austauschbar. Aber das geht eben auch anders. Viele fotografiebegeisterte Männer haben das beste Modell zu Hause: die eigene Freundin; oder Frau.

Inszenierte Menschenfotografie ist zwingend ein Thema für ein „Paar“ – diese beiden Menschen, die sich zum Fotografieren treffen, pflegen immer auch eine Beziehung miteinander; zumindest in der Zeit vom ersten bis zum letzten Bild. Ohne Beziehung wäre Fotografie auch wohl kaum denkbar. Die Fotografierte lässt den Fotografen nahe an sich heran. Erlaubt ihm, Momente in ihrem Leben festzuhalten und nach außen zu tragen – manchmal für jedermann sichtbar zu machen. Je authentischer diese Augenblicke sind, je ungeschminkter das Modell dem Fotografen ihr Leben zeigt, desto eindringlicher werden die Bilder. Und wer würde jemanden näher an sich heranlassen, als eine Freundin ihren Freund?! Oder umgekehrt; der Rollenwechsel kann sogar besonders spannend werden.

Wertvolle Bilder bilden die Nähe zwischen Fotograf und Modell ab. Und Nähe braucht Vertrauen. Dieses feste Band ist zwischen Paaren am ehesten gegeben. Die Kamera bildet dann die Antenne für dieses Gefühl, der Fotograf kann also jemanden zeigen, wie ihn nie zuvor jemand gesehen hat. Die Bilder zeigen dadurch Intimität; Intimität ist die Seele guter Bilder, die sie von Allerweltsbildern unterscheidet. Der Fotograf gelangt dadurch zu einem echten, authentischen Zugang zum Modell und holt es in seiner Welt ab. Das Modell bewegt sich in seiner Welt, und diese Welt ist auch die Welt des Fotografen. Die Location wird dann fast egal, das Drumherum fast ebenso.

Wichtiger ist, dass das Fotografieren zu einem echten Projekt des Paares sein kann, insofern wird die Leidenschaft beider zusätzlich befeuert, die Intensität nimmt zu. Fotografie wird zum Partnerschafts-Turbo. Die Bilder zeigen viel mehr als ein bestimmtes Setting: Sie zeigen die Dynamik zweier Menschen, die ihre Alltäglichkeit zu etwas Besonderem überhöhen.

So gelingen Dir spannende Bilder von Deiner Freundin oder von Deinem Freund:

–Versuche ihn oder sie in typischen Situationen zu zeigen, dort, wo sich Dein Modell wohl fühlt;

– versuche Deinen Freund oder Deine Freundin in Situationen zu zeigen, die fremd sind – vielleicht gelingen Dir Ansichten von diesem Menschen, der neu für Dich ist;

– wenn das Model das mag: Versuche sie oder ihn zu inszenieren – so, wie Du Dir immer erträumt hast, das sie oder er wäre;

– versucht als Paar, diese Projekte gemeinsam zu planen: Requisiten zu besorgen oder Locations zu suchen;

– versucht Euer eigenes Zuhause als Location zu nutzen;

– versucht die Rollen zu tauschen und mal die Position als Fotograf und als Modell einzunehmen.

Informelles Portrait eines Reiters in einem Pferdestall.
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Kopf mit viel Drumherum: das Erzähl-Bild

Was macht einen Menschen aus? Sein Gesicht, seine Kleidung, seine Haltung? Bestimmt. Möglicherweise aber auch seine Umgebung. Das Portrait eines Menschen allein auf den Kopf zu reduzieren, erzählt in vielen Fällen zu wenig von ihm. Spannender ist da schon das informelle Portrait: das Portrait des Menschen in einem Zusammenhang.

Das informelle Portrait geht zurück auf August Sander, der im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts Menschen in ihrer Umgebung portraitierte und damit versuchte, Menschen zu kategorisieren: den von edlem Blut oder den der Arbeiterklasse beispielsweise. Er hat damit die gesamte Geschichte eines Menschen in einem Photo abzubilden versucht.

Aber egal, ob das Photo den Menschen bei der Arbeit zeigt oder bei seiner Freizeitgestaltung: Das Bild erzählt davon, wie ein Mensch lebt. Grundsätzlich wird dabei mehr vom Portraitierten gezeigt als das Gesicht, aber ob das Bild nur den Oberkörper präsentiert oder den Menschen in Gänze, das Setting ist entscheidend. Mein Beispiel zeigt einen Reiter und gehört zu einem Magazin-Artikel über Menschen, die im fortgeschrittenen Alter in den Pferdesport einsteigen. Dieser Mensch ist irgendwie echt und macht einen interessanten Eindruck. Ich möchte eigentlich mehr über ihn wissen.

Haltung, Kleidung und Location unterstreichen das im Artikel Gesagte. Sie haben aber auch ein Eigengewicht. Dieser Mensch zeigt, dass er einen engen Bezug zum Reiten hat. Dadurch wird der Text authentisch, aber das Bild allein wirkt schon glaubwürdig. Dieser Mensch ist kein Model. Er ist wenig perfekt, seine Kleidung etwas beschmutzt. Das Bild ist direkt nach einer Reitstunde entstanden, das Bild hat die Qualität eines Dokuments.

Entscheidend für die Wirkung des Bildes ist der weite Raum. Je nachdem, wie viel Bedeutung dem beigemessen wird, kann die Brennweite variieren: von 28 mm bis zu 50 mm reicht die vernünftige Palette, ideal mag die Mitte sein: 35 mm. Die ist auch hier eingesetzt worden. Dazu ein Blitz mit einer 60 cm Softbox – die gleichmäßige Ausleuchtung ist eine Entscheidung jedes Photographen. Photographen großer Agenturen entscheidenden sich meist dagegen, um den Charakter einer Situation unverfälscht widerzuspiegeln. Das ist dann eher eine journalistische Photographie. Aber auch da vertritt jeder Photograph seinen eigenen Stil.

Wichtig in diesen Bildern ist auch die Kommunikation zwischen Photograph und Photographiertem. Auch hier ist das überzeugende Bild eine Gemeinschaftsarbeit. Schnappschüsse bleiben Schnappschüsse, obwohl auch ein spontanes Bild in einem Kontext eine dokumentarische Aussage treffen kann, aber im Grunde sollte das Bild vom Photographen schon gestaltet sein. Die erzählerische Kraft eines Bildes erhält das informelle Portrait also lediglich zum Teil durch die Darstellung des Kopfes, vor allem aber aus dem vielen Drumherum

Jan Gutjahr vom Veranstaltungsservice mks aus Nienburg/Weser
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Coole Crew: Mitarbeiter-Portraits im Recruitment

Eine Autowerkstatt ist eine Autowerkstatt und bietet prinzipiell die gleichen Leistungen wie jede andere. Die eine besser, die andere schlechter. Wo ich meine Leistungen kaufe, hängt von vielen Faktoren hab. Beispielsweise, ob ich die Leistungs-Anbieter mag. Für Online-Marketing über Firmen-Websites bieten sich deshalb Photographien der Mitarbeiter an. Ich kann dann frühzeitig feststellen, ob ich Vertrauen fasse zu den Menschen, die ich da sehe. Oder ob ich mich bei der Firma als neuer Mitarbeiter bewerbe. Ein Veranstaltungsservice hatte genau die Aufgabe für mich.

Zwar waren alle Mitarbeiter auf der Homepage abgebildet, aber alle in der Werkstatt. Sollte das eine Werbung für künftige Mitarbeiter sein? Vor allem für neue Auszubildende? Besteht die Arbeit denn nur aus Werkstatt? Einräumen und Ausräumen? Nein! Veranstaltungstechniker arbeiten inmitten von Feuerwerken bunten Lichts. Sie bauen Bühnen, machen Ton, erschaffen eine farbige Welt der Kurzweil. Insofern brauchte auch mein Unternehmen Portraits on location: Die Bilder sollten Lust machen auf das Team und auf die Arbeit.

Sie brauchten also vor allem Authentizität. Das hieß, die Bilder mit viel authentischem Hintergrundlicht aufzunehmen und nur minimal sekundär zu beleuchten. Eine große Softbox hat sich dabei verboten. Die fast einzige Lösung bildete dabei ein kleiner Aufsteckblitz entfesselt auf einem Stativ. Auch hier musste ich meine Liebe zum Schwarz-Weißen hintanstellen. Farbe war absolut notwendig. Vor allem, weil die Welt der Bühne ohne die vielen Lichteffekte vor allem eines ist: schwarz wie die Nacht. Der Blitz sollte das Gesicht ein wenig aufhellen und für etwas Reflex in den Augen sorgen. Atmosphäre lieferte vor allem die Hintergrundbeleuchtung.

Leider hat dieses Setting kaum einen einheitlichen Look erlaubt, weil die Farbeffekte auf den unterschiedlichen Baustellen einer einzigen Veranstaltung verschieden farbige Grundtöne auf den Bildern verursachten. Mit viel Geduld und ein wenig Aufwand in Lightroom und Photoshop ließ sich trotzdem eine gewisse gleiche Anmutung in den Bildern realisieren und gleichzeitig eine vielfältige Authentizität bewahren.

Mein Veranstaltungsservice bietet prinzipiell die gleichen Leistungen wie andere. Mit den Bildern ist er aber näher am Kunden und an künftigen Bewerbern. Er kommt cool rüber.

Regine Teschke beim Sprungwurf im Handball
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Geschichten von Blut, Schweiß und Tränen

Photographien im Sport erzählen in vielen Variationen prinzipiell immer die gleiche Geschichte: die von Blut, Schweiß und Tränen. Wobei Tränen von Zweierlei berichten können, von Freude oder Leid. Zusammengehalten werden die Geschichten meist von Bewegung. Sportphotos sind in der Regel von Dynamik geprägt; vom Augenblick, in dem Durchsetzungswillen auf Durchsetzungswillen trifft.

Eins gegen Eins ist oft das beliebteste Sujet in Sportphotos. Handball ist eine der dankbarsten Sportarten für dynamische Photos, weil am Kreis immer geackert wird. Wer das Glück hat, nahe der Seitenlinien photographieren zu können und sich das traut, hat fast schon Hautkontakt zum Geschehen. Daraus lassen sich ungemein dynamische Photos extrahieren. Blitz friert den Zweikampf dann ein und brennt ihn im Auge fest. Obwohl ich kein Freund der Schwarz-Weiß-Photographie bin, ist Farbe manchmal förderlich.

Farbe ist im Sport ein zusätzlicher Reiz. Hier haben wir eine Flugphase und die Farbe Gelb. Gelb kann mitunter angriffslustig aussehen und verstärkt den aggressiven Charakter dieser Szene, die an einen Sturzflug erinnert. Wir müssen aufpassen, dass die Spielerin nicht aus dem Bild hinausspringt. Auch hier haben wir den Eindruck, ganz dicht dran zu sein, vielleicht sogar mitzuspielen. Wer noch dazu offenblendig photographiert, löst die eigentlich Szene ein wenig vom Hintergrund und rückt den Betrachter somit noch enger an den Zweikampf heran.

Sportphotographie bedient immer die Sehnsucht nach dem Erleben von Grenzerfahrungen. Das Gefühl, dicht dran zu sein, ist die Essenz guter Sportphotographie. Entweder durch längere Belichtungszeiten und den Charakter fließender Bewegungen oder durch kurze Belichtungszeiten und das Destilieren des besonderen Augenblicks aus einer gesamten Geschichte, einem Spiel. Wer beispielsweise den Schuss zum entscheidenden Tor einfängt, hat die Quintessenz eines knappen Spiels erfasst. Das gilt gleichermaßen für den Knock-Out in einem Boxkampf oder den entscheidenden Wurf beziehungsweise Sprung zur Medaille in der Leichtatlethik. Aber egal, ob das Bild von Leistung oder von Niederlage erzählt, immer ist das die Geschichte von Blut, Schweiß und Tränen.

Torhüterin Christine Lindemann
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Sekundenbruchteile bis zum Schmerz

Die hochgereckte Faust kann vieles bedeuten – Bedrohung oder Erlösung. Beispielsweise nach einem Sieg. Die in die Luft gestreckte Faust ist eine der meistphotographierten Gesten im Sport. Eine Ikone – die Visualisierung eines bestimmten Gefühls. Solche Ikonen helfen uns, Sachverhalte zu verstehen. Die Siegerfaust braucht keine weitere Erklärung. Der hängende Kopf eines Sportlers auch nicht, genauso wenig wie seine gefletschten Zähne oder ein verschwitztes Gesicht.

Ein Bild, das ohne Worte auskommt ist zweifelsfrei ein gutes Bild. Ein Bild, das eine Geschichte erzählt, ein Bild, das über sich hinauswächst. Im Sport sind solche Bilder leicht zu machen, beispielsweise von einem Torhüter. Torhüter sind Einzelkämpfer, die Welt besteht allein aus ihnen und dem Ball – alles Weitere ist weit weg und nebensächlich. Jeder Sport hat dabei seine eigenen Bewegungsabläufe. Handball bietet dabei ein wenig von Ballett, von Tanz. Bilder von Torhütern sind immer reduziert: auf Augen, Hände und – im Handball – auf die Beine. Eigentlich auf alles zu gleichen Teilen.

Das Bild von Christine Lindemann, ehemalige deutsche Nummer-Eins-Torhüterin, bietet einige Aspekte ikonographischer Photographie: das Reduzierte durch die Schwarz-Weiß-Photographie, das Herausgelöste aus dem Kontext des Spiels und damit gleichsam die Einsamkeit, die letzte Barriere vor dem Tor zu sein. In diesem Fall, mit den erhobenen Armen und dem stehenden Bein – vor allem mit dem Blick, der starr geradeaus ins Leere gerichtet ist, hat das Bild noch eine religiöse Konnotation: Die Haltung erinnert an eine Opferhaltung. In der Tat stellt sich ein Torhüter dann in den Weg, wenn sonst keiner mehr helfen kann. Ebenfalls eine ikonische Geste.

Der Ball kommt hier mit Karacho angeflogen – er wird schmerzen, wenn er auf den Körper trifft. Hier unterstreicht der Blitz sogar noch die Geschwindigkeit. Da er nur noch Sekundenbruchteile vom Aufprall entfernt ist, können wir den Schmerz vorausahnen, wir leiden selbst schon vorab. Dabei haben wir sogar die Chance, die Geschichte dieses Bildes selbst zuende zu denken. Wir können uns schon mit dem Gedanken befassen, wie das Gesicht der Torhüterin aussehen wird: von Schmerzen verzerrt. Das wäre also wieder eine ikonische Photographie im Sport. Die würde allerdings wiederum eine ganz andere Geschichte erzählen.

Wie ein PHoto aus den 60er-Jahre: Ein Schwarz-weiß-Portrait mit künstlich erzeugtem analogen Look.
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Korn hat immer Konjunktur

Das Korn oder die „Körnung“ hat nach wie vor Chic. Diese leichte Schraffur auf einem Bild, wie mit einem Bleistift gestrichelt, war in der analogen Zeit mehr oder weniger alltäglich, je nach der Höhe der Empfindlichkeit, Einsatzzweck oder Güte der Filme; die Silber-Kristalle zeichneten sich auf dem Photo ab und beeinflussten die Schärfe.

Digitale Schärfe ist anders, knackiger; je nach Manipulation zum Teil auch messerscharf. Jede Kamera überbot sich vor kurzem noch mit neuen, besseren Werten. Das Thema kommt aber langsam wieder aus der Mode, denn die Präsentationsflächen werden kleiner. Kleine Quadrate im Netz verzeihen viel, ohnehin drucken die wenigsten Amateur-Photographen im großen Format oder gar Plakate. Schärfe ist ohnehin relativ: Je stärker ein groß vergrößertes Photo rauscht, desto größer ist meist auch der Betrachtungsabstand, so dass das einzelne Pixel wieder im Gesamten verschwindet. Für ein aktuelles Portrait habe ich das Rauschen aber wieder hervorgekitzelt.

Die Szene am Eingang eines Fahrradtunnels erinnerte mit an London in den 60er-Jahren und den Kopf des Kunden hätte ich mir gut auf einem Platten-Cover vorstellen können – Schallplatte, versteht sich. Ich hatte da so Gerry and the Pacemakers im Ohr mit „You’ll never walk alone“. Oder die Richtung. Jedenfalls drängte sich schon beim Blick durch den Sucher ein Retro-Look auf. Und der ist ganz einfach.

Das Bild hat erst die grundlegende Lightroom-Bearbeitung genossen, mit einer etwas steileren Gradation sowie einer leichten Vignette, um das Bild zu den Ecken hin abzudunkeln. Als Lichtquelle diente Tageslicht, sowie ein leichter Aufheller durch einen entfesselten Systemblitz ohne jeglichen Aufsatz – mich interessierten lediglich ein Licht im Auge und etwas mehr Plastizität durch dunklere Schatten.

Dann folgte die Umwandlung in ein schwarz-weißes Bild. In Photoshop kam dann lediglich das Gegenteil des Schärfens dazu: der Filter „Rauschen hinzufügen“ unter „Rauschfilter“. Angewendet habe ich nur eine leichte Stärke – reicht auch, damit ist der analoge Look perfekt simuliert.

Sieht im Ganzen aus, als würde das Bild schon seit Ewigkeiten im Photoalbum schlummern – so als würde das Bild ein Jugendphoto zeigen. Auf der anderen Seite ist das Bild auch zeitlos. Ist halt ein aktuelles Bild – passt trotz allem Retro-Charme in die Zeit. Ist zeitlos. Anders als jede andere Aufnahme, die einer Mode-Retusche unterworfen war. Korn hat immer Konjunktur.

Schwarz-weißes Wahlplakat von André Trepoll in Hamburg
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Politiker Trepoll bescheiden in schwarz-weiß

Da sind wir alle gleich: Unsere Augen kleben an Kontrasten – am Saum von Licht und Schatten, am Schnitt zwischen hell und dunkel. Das hat die Evolution so gewollt. Räumliches Sehen wird durch Unterschiede von Schwarz und Weiß erst möglich. Grautöne, beziehungsweise ähnliche Farben, erschweren die Orientierung. Insofern wird die Schwarz-Weiß-Photographie immer Konjunktur haben. Sie schärft unser Sehen auch in der Moderne.

Selbstverständlich wirkt sie arg old-fashioned. Im August 1967 wurde Fernsehen farbig, Gedrucktes in Farbe ist heute nur minimal teurer als Druck ausschließlich mit Schwarz. Die Welt ist fast nur noch in üppig bunt vorstellbar. Um so Aufsehen erregender der Verzicht. Wer in der Photographie ohne Farbe auskommt, reißt ein Loch in die Gegenwart – huuups, da fehlt plötzlich etwas auf dem Photo; beziehungsweise sticht ein schwarz-weißes Photo in einer Umgebung von farbigen sofort heraus.

Denn dieses Fehlen lenkt die Konzentration auf das, was noch da ist: der Inhalt des Photos. Mit einer ganz reduzierten Kampagne ging im vergangenen Jahr der Hamburger CDU-Fraktionsvorsitzende André Trepoll an die Öffentlichkeit. Portraitphoto, leicht close-up, direkter Blick, schwarz-weiße Farbgebung. Weniger geht nicht. Angenehm wenig im visuellen Trommeln der Hamburger Innenstadt. Trepoll hat in diesem März 2019 seinen Verzicht auf den Angriff auf den Posten des Bürgermeisters erklärt. Die Plakatierung jedenfalls war einzigartig und passte sehr gut zu Hamburg.

Die farbliche Zurückhaltung sah edel aus, die Photographie mit „available light“ wirkte authentisch, wenig gekünstelt, „geknipst“ im besten Sinne des Wortes, unaufgeregt, leise und bescheiden; ein Charakterzug, der einem Politiker gut ansteht. Schnörkellosigkeit wirkt Vertrauen erweckend, nah am Betrachter. Für bescheidene Eleganz ist Schwarz-Weiß ideal. Schwarz-Weiße Photographie plaudert nie, sie erzählt auf den Punkt. Und hat meist auch etwas zu sagen, denn wer als Photograph oder Photographierter die Farbe eliminiert, erklärt, dass er keinen Firlefanz braucht, um Interesse zu wecken; die Abbildung ist ausdrucksstark genug.

Photographiert hat die Bilder der hessische Photograph Tobias Koch, der auf das Thema Politik spezialisiert ist. Die Trepoll-Kampagne knallt aus seinem durchweg farbigen Portfolio heraus. Die meisten Bilder in der Politik sind bunt und die Inhalte der Botschaften wischiwaschi. Schwarz-weiße Portraits mit knackigem Kontrast verlocken dagegen überwiegend zu einem zweiten Blick; einem tiefer gehenden, der sich mit dem Sujet beschäftigt, mit dem, was das Bild erzählt. Hinter ganz, ganz vielen schwarz-weißen Bildern steckt eine spannende Geschichte. So viel ist klar.

Bewerbungs-Photo des Graphikers Walter Werner
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Bewerbung III – kreativer Charakter, kantiges Licht

Bewerbungsbilder verlangen oft eine klassische, klare Lichtstimmung, die dem Abgebildeten schmeichelt. Schatten schaden eher, denn je dominanter die dunklen Anteile im Bild wirken, desto folgenreicher der Eindruck: Schatten beschädigen das Vertrauen in den Portraitierten. Klare Kontraste schaden, das Bild muss gut ausgeleuchtet, also hell und weich sein. Allerdings bestehen für bestimmte Branchen auch Ausnahmen.

Kreative Menschen dürfen sich durchaus anders präsentieren. Sollen sie sogar. Von Kreativen wird ein klares Statement verlangt. Für das Business-Portrait eines Graphik-Designers habe ich mir zuerst seine Arbeiten angeschaut. Dort habe ich einen sehr aufgeräumten Charakter gefunden, einen, der auf Schnickschnack verzichtet. Kein junger Wilder, sondern eher eine gestandene Persönlichkeit. Da war für mich die Richtung sichtbar: klare Kante.

Insofern war das Setting schnell aufgebaut: eine Lichtquelle von schräg oben. Punktuelle Lichtquelle von der dem Hauptlicht entgegengesetzten Richtung, um den Kopf etwas zu konturieren. Fertig. Verzicht auf eine Gesichtshälfte. Konzentration auf das Wesentliche. Düstere Stimmung, die vom freundlichen Gesichtsausdruck wieder aufgehoben und sogar dominiert wird. Wirkt edel, aufgeräumt, überlegt, überlegen, unfassbar direkt in der visuellen Ansprache. Passt perfekt zum abgebildeten Menschen.

Business-Portrait Schwarz-Weiß: Physio-Therapeut mit Skelett
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Business-Portrait – außergewöhnlich zieht immer

Skurrile Typen oder skurrile Settings verlangen mitunter ungewöhnliche Techniken – für Business-Portraits bietet youtube massenhaft Tipps, hauptsächlich für die korrekte Beleuchtung beziehungsweise das effektive Arbeiten. Für einen Physio-Therapeuten verzichtete ich auf alle Regeln der korrekten Ausleuchtung und stellte das Licht seitlich des Portraitierten. Da sein Praxis-Skelett ein wenig näher als er vor der Kamera stand, reflektierte sogar der blendend weiße Schädel, so dass ich verhindern konnte, dass das Gesicht absäuft. Ohne Totenschädel wäre die Aufnahme so aber misslungen. Streiflicht ohne zusätzliche Aufhellung ist für Business-Geschichten meist zu hart und kann schnell düster und unnahbar wirken

Die Konturen des Schädels tun ihr Übriges, um die Skurrilität des Settings zu bestimmen, da der Portraitierte eher weiche Züge zeigt. Auch das kontrastiert sehr gut. Zum Portrait-Termin war das Skelett auch eher zufällig vor Ort. In der Postproduktion habe ich von links unten extra noch einen kleinen schwarzen Verlauf ins Bild gezogen, um dem Skelett zusätzlichen Wumms zu geben.

Das extreme Close-Up ist sicherlich Geschmackssache und vor allem eine Frage des individuellen Stils. Auch der Kunde muss natürlich einverstanden sein; aber bei einem Physio-Therapeuten ist Nähe quasi Programm, insofern kann das Close-Up hier eine hilfreiche Technik darstellen, um eine Brücke zwischen dem portraitierten Kunden und wiederum seinen Kunden zu bauen. Das vermeintlicbe Grinsen des Skeletts prägt hier zusätzlich den Bildeindruck und lässt wiederum Rückschlüsse auf den Humor des Physio-Therapeuten zu. Letztendlich ist die Distanz zum Abgebildeten aber immer individuell zu handhaben. Grundsätzlich sorgt das Außergewöhnliche aber immer für einen Aha-Effekt.

Wer eine berufsspezifische Aufnahme zu machen hat, sollte sich am besten im Vorhinein ziemlich genau überlegen, was das Bild bereichern könnte. Eine Art Drehbuch mit zwei bis drei Möglichkeiten sollte der Photograph zum Termin mitbringen. Wer sich auf die Kreativität des Kunden verlässt, oder darauf, dass der Kunde konkrete Vorstellung hat, kann manchmal ganz schön dumm dastehen. Das wiederum kann beim Kunden schnell Zweifel in die eigene Professionalität schüren. Einfach mal schauen, was andere Photographen so publizieren und sich überlegen, was zum eigenen Kunden passt. Und keine Angst, in den Verdacht des Abkupferns zu kommen. Niemand wird das Rad neu erfinden, und jeder Kunde ist anders, so dass jedes Bild auch wieder individuell aussieht.

Portrait an einem Waldweg in Schwarz-Weiß
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Ugly Location – cooles Ergebnis

Blonde Frau liegt im GrasEinen super interessanten Beitrag hat Patrick Ludolph – neunzehn72.de – unter dem Titel »Ugly Location, Bad Light« gepostet und damit die Frage aufgeworfen, was denn eine gute Location überhaupt ist. Meiner Meinung nach kann prinzipiell jede Location ein gutes Bild bieten. Zu dem Ergebnis kommt er übrigens auch.

Wie tauglich eine Location schlussendlich ist, entscheiden Bildausschnitt, Blende und vor allem die geplante Aussage des Bildes. Je enger der Bildausschnitt, desto zweitrangiger die Location und je offener die Blende, desto stärker verschwindet der Hintergrund in der Unschärfe. Insofern kann jeder Hintergrund brillieren, wenn er zum Modell beziehungsweise dem Thema des Bildes passt. Patrick Ludolph streift mit seinem Modell durch den etwas abgerockten Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg und lässt ihn durch geschickten Bildausschnitt dann doch brillieren. Schaut mal hinein auf https://neunzehn72.de/ugly-location-bad-light-challenge/

Mich hat das Thema jetzt auch beschäftigt, weil ich für ein Shooting schlecht geplant hatte und von jetzt auf gleich umdisponieren musste – eigentlich das Schlimmste, was einem Photographen passieren kann, aber mein Modell war entspannt, weil sie mir vertraut hat. Wir haben dann einen normalen Waldweg am Rand eines Bundeswehr-Übungsplatzes gewählt. In Schwarz-Weiß eine passable Alternative, weil Wald letztlich immer nur aus einer dunklen, geheimnisvollen Fläche mit weißen Sprenkseln besteht. Das Gleiche gilt grundsätzlich für eine simple Hofeinfahrt, die kann aus dem entsprechenden Winkel ziemlich spooky aussehen. Selbst am Rand einer Panzerstraße haben wir sonnige Bilder mit Sommerwiesen-Flair hinbekommen. Mit dem entsprechenden Bildausschnitt geht also grundsätzlich immer alles.