Spontane Schnappschüsse sind etwas Großartiges. Ich schnappe mir einen Moment und halte den fest. Ich reiße den Moment aus dem Alltag heraus, halte die Zeit an, hindere die Welt daran sich weiterzudrehen und diesen einen Moment wieder im Lebens-Einerlei unterzurühren. Inszenierte Photographie ist eine andere Kategorie: eine Komposition aus meinen Vorstellungen. Der Reiz daran: Ich male mir die Welt, wie sie mir gefällt. Ganz bewusst, meine Kreativität ist dabei unendlich.
Ich will ja eine Botschaft senden. Das ist dann so etwas wie journalistische Photographie: Ich gestalte, ich mache Meinung. Das war auch meine Aufgabe bei einem tollen Job für die Hamburger Unizeitschrift „Uniscene“: Die Geschichte hatte zum Thema, inwiefern das Scheitern einer Karriere sogar Schub geben, einen Menschen sogar noch interessanter machen könnte.
Protagonist der Geschichte war Roman Reimer, der aus dem Süddeutschen nach Hamburg gekommen ist, weil ihn sein Ausbildungsberuf in der Logistik mehr und mehr gefrustet hatte und er sich zum Werbetexter berufen fühlte – was er auch anscheinend war, schließlich brachte ihn ein selbstgetexteter Rap über „Fehler“ an die bekannte Hamburger Texterschmiede und nach der Ausbildung dort in die Hamburger Spitzen-Agentur Legas Delaney.
Photographisch erforderte das ein wenig Bastelei: Ein Portrait wäre zu stumpf geworden. Irgendwie musste Roman in einen Kontext gesetzt werden, ich wollte ja seine Geschichte visuell kurz und knackig nacherzählen. Wie so oft im Leben, musste der Wirklichkeit also mit etwas Inszenierung nachgeholfen werden. Mit ein paar Metern Wäscheleine, Wäscheklammern, schwarzem Edding und gelbem Photokarton war das Setting ausreichend gestaltet. Ein Hingucker ist dabei allemal herausgekommen, aber natürlich ist das Bild ganz weit weg von spontan. Alles kann man eben selten haben.